Der Mindestlohn liegt derzeit in Polen bei 2250 Zloty brutto, also umgerechnet 1634 Zloty netto. Früher haben die Arbeitgeberverbände eine Erhöhung um 6,1% auf 2387 Zloty brutto vorgeschlagen. Der Vorschlag der Gewerkschaften lag wiederum bei 2520 Zloty brutto. Dieses Mal haben die Arbeitgeber die Erhöhung akzeptiert. Was bedeutet das alles? Das bedeutet, dass polnische Zeitarbeitskräfte jetzt umgerechnet 1.220 € pro Monat (netto) vor Steuern verdienen werden.
Zum Vergleich: Der am schlechtesten bezahlte deutsche Arbeitnehmer mit vollen Sozialleistungen verdient etwa 1.100 € pro Monat . Damit ist ein Zeit Arbeiter in Polen heute besser gestellt als ein deutscher Arbeitnehmer. Liegt das daran, dass die Polen so viel effizienter sind als wir deutschen? Nein, eigentlich nicht. In vielen Fällen ist ein Zeit Arbeiter sogar effizienter als ein deutscher Arbeitnehmer.
Aber es gibt noch einen anderen Faktor, der sich auf den Lohn eines Zeitarbeiters auswirkt, und der hat überhaupt nichts mit Effizienz zu tun. Er hat mit der Macht der Gewerkschaften zu tun. Die Gewerkschaften können über den Erfolg oder Misserfolg eines Arbeitgebers entscheiden. Wenn die Gewerkschaft genügend Einfluss hat, wird der Arbeitgeber keine andere Wahl haben, als den Arbeitnehmern einen angemessenen Lohn zu zahlen. Wenn die Gewerkschaft jedoch nicht genug Einfluss hat, bleibt dem Arbeitgeber nichts anderes übrig, als den Arbeitnehmern so wenig wie möglich zu zahlen.
Werfen Sie einen Blick auf die Notlage der Zeitungsverleger. Die AP-Nachrichtenagenturen sind so mächtig, dass sie den Zeitungen die Bedingungen diktieren können, und deshalb müssen die Zeitungen das zahlen, was die AP-Nachrichtenagentur verlangt, wie bei anderen großen Arbeitgebern. Das Gleiche gilt für andere große Arbeitgeber wie Stahlunternehmen, Autofirmen, Ölgesellschaften usw. Gewerkschaften können über den Erfolg oder Misserfolg eines Arbeitgebers entscheiden.
Polen sind die zweitgrößte Migrantengruppe in Deutschland. Ohne sie stünde manche Branche im Land vor dem Aus – weil viele für wenig Geld arbeiten. Zur Zeit leben rund 750 000 Polen in Deutschland. Sie sind die zweitgrößte Migrantengruppe nach den Türken. Aber „im Schatten der Asylzuwanderung sind die in den letzten Jahren starken Wanderungsbewegungen aus Polen weniger eine Quelle der Erleichterung als vielmehr ein Problem, das von Politik und Öffentlichkeit so gut wie ignoriert wird“, sagt Joachim DePosada vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Schätzungen zufolge hatten nur 20 % der Polen, die 2015 nach Deutschland kamen, eine legale Aufenthaltsgenehmigung. Sie werden oft gezwungen, monatelang 16 Stunden am Tag zu arbeiten, ohne einen Tag frei zu haben. Viele dieser Menschen sind verzweifelt. Sie kommen nach Deutschland, weil es das beste Land zum Leben in Europa ist. Aber sobald sie hier sind, sitzen sie in der Falle.